Zu a>0 seien
abgeschnittene Zylinder mit Länge 2a bzw. a. Wir betrachten in diesem Abschnitt das folgende Problem:
Der Gleichung (2.21) kommt folgende Bedeutung zu: Eine Lösung des Problems auf dem unendlichen Zylinder ist maximal bestimmt bis auf Translation, d.h. wenn eine Lösung ist, so auch für jedes . Bei der späteren Grenzwertbildung , d.h. beim Übergang von beschränkten Zylindern auf den unbeschränkten, muß daher die Lösung an einem Punkt fixiert werden, um als Grenzwert keine konstante Funktion zu erhalten. Die Gleichung (2.21) legt hierzu den ,,Beginn`` der Flammenfront an die Stelle .
Zuerst stellen wir fest, daß jede -Lösung der Differentialgleichung gemäß Satz 5.8 automatisch von der Klasse ist. Dies ermöglicht uns die problemlose Anwendung der Maximumprinzipien und der Monotonieaussagen aus Kapitel .
Das Problem auf einem endlichen Zylinder soll mit Hilfe einer verallgemeinerten Kontinuitätsmethode gelöst werden. Dazu wird zunächst eine a priori-Abschätzung bewiesen:
BEWEIS. Da u der Differentialungleichung genügt, folgt aus dem Starken Maximumprinzip von E. Hopf: Falls u ein absolutes Minimum an einem Punkt innerhalb annimmt, so ist u konstant. Aufgrund der Randwerte (2.20) auf der rechten und der linken Zylinderwand kann u aber nicht konstant sein und somit kein Minimum im Innern annehmen. Für den Fall, daß u ein absolutes Minimum an einem Randpunkt annimmt, so besagt das Maximumprinzip ebenfalls, daß gilt. Aufgrund der Neumannrandwerte (2.19) muß ein solches Randminimum auf dem Dirichletrand liegen, so daß u>0 in folgt.
Falls es ein mit geben würde, so gäbe es aufgrund der Stetigkeit eine Umgebung mit . Wegen ließe sich dann ebenfalls das Maximumprinzip anwenden, und man erhielte einen Widerspruch. Also gilt auf .
Damit ist bereits eine -Schranke für u gefunden. Bevor diese zu einer -Schranke ausgedehnt werden kann, wird eine Schranke für c benötigt. Betrachte dazu die folgenden gewöhnlichen Differentialgleichungen für :
Dieses Randwertproblem ist eindeutig lösbar. Mit der Bezeichnung ersieht man aus (2.18) und (2.23):
Hierbei haben wir uns die strenge Monotonie von u in -Richtung zunutze gemacht:
sie folgt aus Satz 3.1 des Kapitels 3 über Monotonie. Die strenge Monotonie impliziert übrigens sofort 0<u<1 in .
erfüllt die Bedingungen des Starken Maximumprinzips von E. Hopf, also besitzt v kein inneres Maximum, es sei denn v ist konstant. Das Maximum liegt nicht auf dem Neumannrand , falls v nicht konstant ist, denn sonst müßte in einem solchen Punkt gelten, was die homogene Neumannrandbedingung aber ausschließt. Daher wird das Maximum auf dem Dirichletrand angenommen, also
und somit
Analog dazu erhält man über die Ungleichung
eine obere Abschätzung für durch , es gilt also
Rechnet man und explizit aus, so erhält man
Daraus ersieht man
Weil u monoton wachsend in -Richtung ist, nimmt u den Wert aus der Gleichung (2.21) für an. Daher ergibt sich aus (2.29)
Daraus läßt sich folgendermaßen eine Schranke für |c| herleiten (vgl. dazu auch die Abbildung):
Die Konstante K hängt dabei von und ab, diese Funktionen wiederum von a, , und M.
Mit Hilfe der -Schranke für u und der Schranke für |c| läßt sich nun aus dem Kapitel 5 über elliptische Abschätzungen eine -Schranke für u herleiten: Für beliebiges p>1 gibt es gemäß Satz 5.7 eine Konstante , die nur von n, p, , a, , und M abhängt, so daß gilt:
Wegen und ist die rechte Seite beschränkt durch . Mit Hilfe des Sobolewschen Einbettungssatzes läßt sich aus der -Abschätzung leicht eine -Abschätzung gewinnen: Wähle p>n, dann gilt
mit einer Konstanten , die nur von , a, n und p abhängt. Somit folgt unmittelbar die gewünschte -Abschätzung für u:
BEWEIS. Zum Beweis dieses Lemmas wird eine modifizierte Kontinuitätsmethode verwendet. Konkret bedeutet das, daß die Lösung (u,c) ein Fixpunkt eines Operators sein wird, dessen Existenz über die Lösungseigenschaft des Leray-Schauderschen Abbildungsgrades garantiert wird. Um zu zeigen, daß der Abbildungsgrad von null verschieden ist, werden zwei Homotopien verwendet. Die erste ,,verbiegt`` den Operator zu einem leicht handhabbaren Operator , und die zweite diagonalisiert diesen zu einem Operator . Der Abbildungsgrad des Operators läßt sich dann leicht mit Hilfe des Produktsatzes bestimmen.
Zu , und seien
Offenbar ist (u,c) eine Lösung des Problems (2.18) - (2.21), wenn (u,c) Fixpunkt von bzw. Nullstelle von ist.
Sei K die Konstante aus der a priori-Abschätzung (Lemma 2.2), mindestens jedoch so groß, daß
Setze
Zeige nun, daß der Leray-Schaudersche Abbildungsgrad definiert ist, d.h. daß eine kompakte Störung der Identität ist und daß auf gilt. Beachte, daß auf B die -Topologie zugrunde gelegt wird.
Zum Beweis der Kompaktheit von muß gezeigt werden, daß präkompakt ist. Hierzu bedienen wir uns wieder der -Abschätzung aus Satz 5.7 und des Sobolewschen Einbettungssatzes:
Die -Norm von ist beschränkt, da wie mit früherer Argumentation gemäß dem Maximumprinzip gilt. Also ist gleichgradig stetig. Der Satz von Arzela-Ascoli garantiert nun die Präkompaktheit dieser Menge, d.h. ist eine kompakte Abbildung. Daraus folgt unmittelbar, daß kompakt ist und damit eine kompakte Störung der Identität ist.
Weiterhin gilt auf , denn aus folgt, daß (u,c) eine Lösung des Problems (2.18) - (2.21) ist. Gemäß der a priori-Abschätzung Lemma 2.2 folgt und , jedoch liegt (u,c) nur dann auf , wenn oder |c| = K+1 gilt.
Nachdem nun gezeigt ist, daß der Abbildungsgrad wohldefiniert ist, muß noch nachgewiesen werden, daß auch stetig ist. Dazu nehmen wir an, daß eine Folge ist, die gegen konvergiert, wobei die Konvergenz der wieder in der -Topologie zu verstehen ist. Sei . Mit der gewohnten -Abschätzung folgern wir wie in (2.35), daß die in der -Norm beschränkt sind. Weil beschränkte Teilmengen von schwach folgenkompakt sind, gibt es eine Teilfolge, die schwach gegen ein konvergiert. Da die gemäß dem Sobolewschen Einbettungssatz auch in der -Norm beschränkt sind, sind deren Gradienten gleichgradig stetig. Nach dem Satz von Arzela-Ascoli sind die präkompakt bzgl. , durch nochmaligen Übergang zu einer Teilfolge erreicht man also, daß die in gegen konvergieren. Weil die eine Seite der Differentialgleichung somit in gegen konvergiert, so konvergiert auch in gegen eine Funktion . Da die in schwach gegen konvergieren, gilt , und ist Lösung der Differentialgleichung zu . Da die Lösung des linearen Problems eindeutig ist, muß gelten. Mit der gleichen Argumentation erhält man, daß jeder Häufungspunkt der ursprünglichen Folge die eindeutige Lösung ist, d.h. es gibt genau diesen einen Häufungspunkt, und die ganze Folge konvergiert gegen . Also sind und damit auch stetig. Aus der eindeutigen Lösbarkeit und der a priori-Abschätzung konnte also die Stetigkeit gewonnen werden.
Die Homotopieinvarianz des Abbildungsgrades liefert uns daher
Untersuche nun : Die Lösung der Differentialgleichung von (2.38) für ist (analog zu den Lösungen und )
Bemerke, daß nur von und nicht von y abhängt, die Elimination des einzigen von y abhängigen Terms in der Differentialgleichung führt also dazu, daß sich die partielle Differentialgleichung wie eine gewöhnliche verhält. Dies wird freilich erst durch die homogenen Neumannrandbedingungen auf ermöglicht. Da eine bijektive Abbildung ist, legt die Fixpunktgleichung c fest:
Das nun feste erlaubt die Definition der zweiten Homotopie: Zu , und seien
Wie oben kann man nachweisen, daß diese Homotopie zulässig ist und somit gilt:
Der Operator
ist nun diagonalisiert, d.h. die erste Komponente des Bildbereichs hängt nur von u ab, und die zweite Komponente nur von c. Dies ermöglicht die Anwendung des Produktsatzes:
Wegen besitzt die erste Abbildung im Produkt den Grad +1. Wegen (2.41) gilt und , so daß die zweite Abbildung den Grad -1 besitzt. Somit gilt
Die Lösungseigenschaft des Abbildungsgrades garantiert nun die Existenz einer Nullstelle von und damit einer Lösung (u,c) des Problems (2.18) - (2.21).