Research Group of Prof. Dr. M. Griebel
Institute for Numerical Simulation
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Unter den "Top 500" der Welt

Mit raffinierter Vernetzung gewöhnlicher PCs gelang Bonner Mathematikern bemerkenswerter Sprung zu mehr Rechnerkapazität

Von Wolfgang Wiedlich

Bonn. Die nächsten 100 Jahre Klima: Dahinter steckt die komplexeste Rechenaufgabe der Gegenwart. Allein die Berechnung der atmosphärischen Bewegungen für ein Jahr im voraus deutet die Dimension an, wenn 500 000 Einzelwerte 10 000mal neu berechnet werden müssen. Kommt der Ozean hinzu, potenziert sich die mathematische Herausforderung - weniger hinsichtlich der Differentialgleichungen, sondern die bloße Zahl der Rechenschritte steigt ins Astronomische. So entstanden sogenannte Höchstleistungscomputer; sie sind auch höchst teuer.

Doch nicht nur Klimatologen benötigen leistungsfähige Rechner. Beispiele: Wie breiten sich Gerüche in der Luft aus? Wie entwickeln sich Mikrorisse in harten Materialien? Welche Wege "gehen" Schadstoffe in Böden? Fragen, für deren Beantwortung sich nicht jedes Institut einen Höchstleistungsrechner leisten kann.

Neue Wege ging man jetzt am Institut für Angewandte Mathematik der Universität Bonn. Einer Gruppe findiger Forscher gelang dort unter Professor Michael Griebel der Aufbau eines parallelen Rechensystems: 96 Prozessoren des Typs Intel Pentium II wurden so verschaltet, daß die Rechnerkapazität stolze Ergebnisse hervorbrachte. Griebel: "Die erzielte Leistung steht Hochleistungsrechnern, wie sie in Wirtschaft und Industrie zu einem Vielfachen des Anschaffungspreises eingesetzt werden, kaum nach." Der "Parnass2" getaufte Parallelrechner bringt eine theoretische Maximalleistung von 38,4 Gigaflops (Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde). Gemessen wurden bereits 18,3 Gigaflops. "Damit", so Griebel, "sind wir unter den »Top 500« in der Welt und unter den »Top 50« in Deutschland." Nachzulesen in der ständig vom Rechenzentrum der Universität Mannheim veröffentlichten "Hitparade der Rechnerrekorde".

Das Bonner Ergebnis sei umso erstaunlicher, sagt Griebel, weil die verwendeten Prozessoren die gleichen seien, wie sie viele Personal-Computer enthalten - "teilweise sogar von Handelsketten in der Vorweihnachtszeit zu Discountpreisen angeboten". Das Besondere: Die Bonner Mathematiker aus der Abteilung Wissenschaftliches Rechnen verbanden die einzelnen Prozessoren mit Netzwerk-Komponenten zu einer Baumstruktur - jeder Prozessor kann dann mit jedem anderen gleichzeitig "kommunizieren" und dabei mehr als 850 MB pro Sekunde austauschen. Wieviel das ist? Das entspricht dem gesamten Text der 24bändigen Ausgabe des Großen Brockhaus.

(08.02.1999) Bonner Generalanzeiger