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Der Studi des Monats Juli - Ein Mann mit Eigenschaften

Thomas Mertens ist eigentlich ein ganz normaler Student. Er trägt ein weißes Hemd, eine locker sitzende Jeans und die Haare sind leicht hoch gegelt. Neben seiner Diplomarbeit verfolgt er zur Zeit passioniert die Tour de France und stürzt sich mit Vorliebe auch schon einmal in das Kölner Nachtleben. So durchschnittlich wie es klingt, ist der gebürtige Stuttgarter aber trotzdem nicht.

Die Mertenssche Vita ließt sich wie eine Erfolggeschichte aus dem akademischen Bilderbuch: Durch den Vorschlag seines damaligen Schuldirektors ergatterte Thomas eines der begehrten Stipendien der Studienstiftung. Mit der Förderung in der Tasche, studierte er zunächst bis zu seinem Vordiplom an der Universität in Tübingen und wechselte dann nach Bonn. Nachdem er zwischendurch ein Jahr lang an der Universität in Berkeley (Kalifornien) verbracht hat, bewarb er sich auf Eigeninitiative für ein zweites Stipendium der Stiftung. Thomas bestand souverän das mehrtägige Auswahlverfahren und ist nun einer von deutschlandweit 24 Stipendiaten, die im kommenden Herbst mit dem "European Recovery Programm" (ERP) in die USA aufbrechen. Dort wird er fünf Jahre lang an einem Promotionsprogramm in der Volkswirtschaftlehre teilnehmen. Zusagen hat er dafür von den renommiertesten Hochschulen Amerikas wie Stanford, Princeton und Yale bekommen. Entschieden hat sich der 24 Jährige jedoch für die Spitzen-Universität im Osten: Harvard in Cambridge bei Boston.

Harvard, ein Name der beeindruckt. Wer jetzt auch noch liest, dass sich Thomas direkt nach dem Promotionsprogramm für eine Professorenstelle bewerben möchte (in Amerika braucht man keine Habilitation), verfällt vielleicht in das übliche Klischeedenken. Schnell stellt man sich Thomas als lebensfremden Karrieretypen vor, der stromlinienförmig wie Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften", zwecks Selbstoptimierung alles an Persönlichkeit aufgegeben hat. Doch bei Thomas ist alles ganz anders. Während des zweistündigen Gespräches wird mir Thomas gleich sympathisch und ich merke, dass er eine beneidenswerte Marginalexistenz führt, wie sie nur selten einem Studenten gelingt. Der zweifache Stipendiat oszilliert leichtfüßig zwischen akademischem Erfolg und sozialer Erlebnisfülle. Sprich, er genießt das Leben, ist sozial kompetent und lernt nebenbei für die Uni. Und das auch noch unter dem ontologischen Stern der Kontingenz: Seine Eltern haben ihn zwar sehr gefördert und in ihm eine intellektuelle Neugier für die Welt geweckt, aber als lernwütig oder gar hochbegabt würde er sich nicht bezeichnen. Sein Erfolgsrezept erklärt er durch Spaß an den Sachgebieten und der Motivation, Chancen und Möglichkeiten so gut es geht zu nutzen.

Mit einer Zusage für das ERP-Stipendium habe er beispielsweise gar nicht gerechnet. Er freut sich daher tierisch darauf, obwohl ihm Bonn mit der Zeit schon irgendwie ans Herz gewachsen ist. Der Gedanke nach Bonn zu wechseln kam spontan und blieb ohne Reue. An der Universitätsstadt gefällt ihm besonders der gemütliche und offene Charakter der Rheinländer. Thomas hat immer wieder gemerkt, dass es hier sehr einfach ist sozialen Anschluss zu finden: "Man geht abends weg und lernt immer neue Leute kennen; in Süddeutschland ein Ding der Unmöglichkeit". Aber auch fachlich kann Thomas die Universität nur befürworten: "Das Angebot für VWL und Mathematik ist hier einfach Spitzenklasse". Für jüngere VWL Studenten hat Thomas noch einen Tipp auf Lager: Sie sollten sich für das Berkeley-Programm bewerben, da dort die Chancen gar nicht einmal schlecht stehen. Thomas war damals der einzige Bewerber auf die sonst so begehrten drei Plätze.

Autor: Johanna Risse / 21.07.2004

Quelle: Campus Web